AG Mensch-Tier-Umwelt (AG MTU)

Vor dem Hintergrund der multiplen Herausforderungen des Anthropozäns hat sich innerhalb der GPJE die Arbeitsgruppe Mensch – Tier – Umwelt konstituiert. Als Grundlage für ein erstes Arbeitstreffen im Juni 2021 diente das folgende Papier:

Arbeitsgruppe Mensch – Tier – Umwelt
Der Beginn des dritten Jahrtausends steht im Zeichen einer neuen Epoche: dem Anthropozän. Der Mensch ist zu einer geologischen Kraft für die sich komplex verändernden Bedingungen auf der Erde geworden. Menschlich erzeugte Biomasse und von Menschen hergestellte Objekte machen inzwischen mehr als die Hälfte der Oberflächenmasse aus. Die Folgen sind für Schüler*innen längst im Alltag erfahrbar: das Massensterben der Arten (z. B. durch das Verschwinden der Insekten), der Klimawandel (z. B. durch Wetterextreme), die Ausbreitung invasiver Arten (z. B. durch neue Algen, Insekten oder Krabben) sowie das Entstehen von Zoonosen (eindrücklich durch Covid-19). Neue soziale Bewegungen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion zeigen die gestiegene Sensibilität für die existentiellen Herausforderungen.

Im Zeichen des Anthropozäns sollte sich die bildungstheoretische Perspektive politischer Bildung erweitern. Vieles, was die heutige condition humaine politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich und rechtlich bestimmt, ist nicht im Blick und darum nicht Thema politischer Bildungsprozesse. So sind zwar – wie auch immer erzeugte – menschliche Bedürfnisse, der Konsum und der Umgang mit natürlichen Ressourcen (Regenwaldabholzung, Massentierhaltung, Überfischung, Umweltverschmutzung) Ausdruck eines bestimmten In-der-Welt-Seins. Doch werden diese politischen Beziehungsweisen zur Welt bislang nicht im relationalen Zusammenhang von Mensch, Tier und Umwelt thematisiert. Die Auseinandersetzung mit diesen Beziehungsweisen impliziert nicht allein die reflektierte Selbstveränderung der Schüler*innen: Politische Bildungsprozesse bestehen in der Transformation von politischen Selbst- und Weltverhältnissen. Zu fragen wäre u.a., wie sich solche bildungsbezogenen Transformationsprozesse konzeptualisieren lassen und wie transformatorisch Neues entsteht, das nicht ausschließlich aus dem anthropozentrischen Welt- und Selbstverhältnis abgeleitet werden kann.

Vor diesem Hintergrund sollen in der Arbeitsgruppe politische Beziehungsweisen von Mensch, Tier und Umwelt thematisiert werden. Welche Konsequenzen ergeben sich für (politische) Selbst- und Weltverhältnisse und inwiefern werden in diese human-nonhumanen Verhältnisse (z. B. Mensch-Tier , Mensch-Objekt-, Mensch-Technik-Beziehungsweisen) einbezogen und verhandelt? Dabei wird aus politisch-bildungstheoretischer Perspektive ein interdisziplinärer und praxisorientierter Zugang angestrebt, bei dem auch Aspekte wie Relationalität als Bezogenheit auf Andere und Anderes, Empathie, Mitleid und Emotionalität Berücksichtigung finden.

In der Welt im April 2021 Werner Friedrichs (Universität Bamberg), Susann Gessner (Universität Marburg), Ingo Juchler (Universität Potsdam)

Bei dem virtuellen Arbeitstreffen im Juni 2021 formulierten die Teilnehmenden Fragestellungen und Arbeitsthemen, mit denen sie sich im Kontext eigener Forschungen und bei künftigen Veranstaltungen des Arbeitskreises auseinandersetzen möchten. Zu diesen Themen zählen jeweils aus politikdidaktischer und bildungstheoretischer Perspektive insbesondere

  • ethische Grundfragen des Mensch-Verhältnisses und Annahmen politischer Anthropologie als Grundlagen politischer Bildung
  • die unterrichtliche Umsetzung der Thematik, Vermittlungsformate, normative Anschlüsse (z.B. Beutelsbacher Konsens) für sämtliche Schularten und für die außerschulische politische Bildung
  • politische Strukturen, Machtverhältnisse und imperiale Lebensweisen
  • die Perspektiven interdisziplinären Denkens und Utopien

Die erste Tagung der Arbeitsgruppe Mensch – Tier – Umwelt findet am 14./15. Oktober 2022 an der Universität Potsdam zum Thema "Beziehungsweisen von Mensch, Tier und Umwelt - Perspektiven für die politische Bildung" statt. Hier finden Sie das Tagungsprogramm

ANSPRECHPARTNER*INNEN

Dr. Werner Friedrichs
Didaktik der Sozialkunde
Feldkirchenstraße 21
96052 Bamberg
E-Mail: werner.friedrichs@uni-bamberg.de

Prof. Dr. Susann Gessner
Didaktik der politischen Bildung
Wilhelm-Röpke-Straße 6
35032 Marburg
E-Mail: susann.gessner@uni-marburg.de

Prof. Dr. Ingo Juchler
Lehrstuhl für politische Bildung
August-Bebel-Straße 89
14482 Potsdam
E-Mail: juchler@uni-potsdam.de